Schweizer Patriot-Beschaffung: Verzögerungen und steigende Kosten durch Ukraine-Konflikt

Trumps Prioritäten verzögern Schweizer Luftverteidigung

Die Schweizer Luftverteidigung steht vor erheblichen Herausforderungen: Die 2022 bestellten fünf Patriot-Systeme werden sich voraussichtlich deutlich verzögern. Der Grund liegt in der geopolitischen Lage – die USA unter Präsident Trump haben ihre Prioritäten neu gesetzt und bevorzugen nun Länder, die Waffensysteme an die Ukraine abgeben, indem sie diesen eine rasche Nachbeschaffung ermöglichen. Deutschland beispielsweise plant, weitere Patriot-Systeme an die Ukraine zu liefern und soll dafür bevorzugt Ersatz erhalten.

Ursprünglicher Zeitplan und Investitionsvolumen

Die ursprüngliche Planung sah vor, dass die Schweiz ab 2027 mit der Auslieferung der fünf Feuereinheiten samt 70 Lenkwaffen rechnen konnte, mit Abschluss im Jahr 2028. Für diese Beschaffung wurden knapp 2 Milliarden Franken veranschlagt. Eine Feuereinheit kann bis zu 16 Lenkflugkörper auf einmal aufnehmen, was die Schlagkraft des Systems verdeutlicht. Doch nun muss sich die Eidgenossenschaft auf einen verschobenen Zeitplan einstellen, wie der Bundesrat kürzlich informiert wurde. Einen neuen Ziel-Zeitraum für die Lieferungen hat das Verteidigungsministerium bislang nicht genannt.

Drohende Kostensteigerungen trotz gegenteiliger Beteuerungen

Besonders brisant: Die Kosten könnten deutlich steigen. In der Staatsrechnung 2024 sind bereits Mehrkosten von 27 Millionen Franken für das Patriot-System einkalkuliert. Dies ist besonders bemerkenswert, da das Bundesamt für Rüstung (Armasuisse) noch vor kurzem auf Anfrage versicherte, es gebe “keine Anzeichen”, dass die Beschaffung teurer werde – eine ähnliche Aussage wie beim F-35-Kampfjet, bei dem inzwischen Mehrkosten von 650 Millionen bis 1,3 Milliarden Franken im Raum stehen.

Hohe Nachfrage treibt Preise

Brancheninsider weisen auf die hohe Nachfrage nach dem etablierten Patriot-System hin, insbesondere seit Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine. Nach Angaben der Nichtregierungsorganisation “Action on Armed Violence” liegt der Listenpreis für ein System ohne Raketen bei rund 400 Millionen Dollar, mit Raketen bei etwa 1,1 Milliarden Dollar. Nach dem Export können die Support-, Ersatzteil-, Schulungs- und Integrationskosten auf bis zu 2,5 Milliarden Dollar ansteigen.

Modernisierungsdruck und technologische Entscheidungen

Zudem plant Washington, künftig auf eine modernere Konfiguration mit verbessertem Kontroll- und Radarsystem zu setzen – und die Kosten dieser Modernisierung auf die Nutzerländer abzuwälzen. Die Schweiz steht nun vor der Entscheidung, ob sie mit der älteren Konfiguration vorliebnehmen oder die Mehrkosten akzeptieren soll.

Ruag als entscheidender Faktor

Der bundeseigene Rüstungskonzern Ruag dürfte hier eine entscheidende Rolle spielen: Als angehendes “erstes regionales Reparaturzentrum” für Patriot in Europa, wie es 2021 in einer Mitteilung hieß, hat er ein starkes Interesse an der modernsten Technologie. Der Rüstungskonzern wird daher vermutlich nicht auf ein Update verzichten wollen und die Mehrkosten in Kauf nehmen – zumal die Offset-Gegengeschäfte beim F-35 bereits auf der Kippe stehen.

Zusatzinvestitionen und laufende Vorbereitungen

Bereits 2023 bewilligte das Schweizer Parlament einen Zusatzkredit von über 300 Millionen Franken für weitere 72 Lenkwaffen eines anderen Typs, um die Durchhaltefähigkeit zu erhöhen. Parallel läuft die Ausbildung Schweizer Soldaten in den USA, während die ersten Hauptsysteme ursprünglich 2026 eintreffen und Ende 2029 einsatzbereit sein sollten.

Auswirkungen internationaler Konflikte auf neutrale Staaten

Die aktuelle Situation verdeutlicht, wie stark selbst neutrale Staaten wie die Schweiz von internationalen Konflikten betroffen sein können. Die Verzögerungen bei der Lieferung der Patriot-Systeme sind ein direktes Resultat des Ukraine-Krieges und der amerikanischen Unterstützungsstrategie. Bereits vor einem Jahr hatten die USA der Schweiz mitgeteilt, dass die bestellten Patriot-Lenkwaffen später als geplant ausgeliefert werden – mit derselben Begründung: die Unterstützung der Ukraine. Die Schweiz muss sich nun auf längere Wartezeiten und möglicherweise deutlich höhere Kosten einstellen, während sie gleichzeitig ihre Luftverteidigungsfähigkeit modernisieren will.


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