Urbane Klimaschutzprojekte: Wie Städte dem Klimawandel trotzen

In Zeiten zunehmender Klimaextreme entwickeln Städte innovative Strategien, um ihre Bewohner vor Hitze zu schützen und gleichzeitig einen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten. Besonders in dicht bebauten urbanen Räumen, die sich im Sommer stark aufheizen und nachts nur langsam abkühlen, sind wirksame Maßnahmen dringend erforderlich. Nach Schätzungen des Robert Koch-Instituts gab es in Deutschland allein in den Jahren 2023 und 2024 jeweils rund 3.000 hitzebedingte Sterbefälle. Einige Städte haben bereits vorbildliche Projekte umgesetzt, die als Blaupause für andere Kommunen dienen können.

Stadtbegrünung und Baumbestandserhöhung

Die gezielte Erhöhung des Baumbestands und der Ausbau von Grünflächen zählen zu den effektivsten Maßnahmen im urbanen Klimaschutz. Wissenschaftliche Untersuchungen belegen die beeindruckende Wirkung: Eine Erhöhung des Baumbestandes um 30 Prozent könnte die jährliche Zahl der extremen Hitzestunden um fast 64 Prozent und den jährlichen Wasserabfluss um 58 Prozent verringern. Dies zeigen Forschungen des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT).

"Bäume sind für die Städte von schier unschätzbarem Wert", betont Helmut Dedy vom Deutschen Städtetag. Sie verbessern durch Schatten und Verdunstung das Mikroklima, kühlen Asphalt und Beton, nehmen Feinstaub auf und bieten Vögeln und Insekten ein Zuhause. Unter Baumkronen kann die Temperatur im Umkreis von bis zu 40 Metern um bis zu 10 Grad Celsius sinken.

Dach- und Fassadenbegrünung

Die vertikale und horizontale Begrünung von Gebäuden stellt eine platzsparende Alternative zur klassischen Stadtbegrünung dar. In Karlsruhe, einer Vorreiterstadt im kommunalen Klimaschutz, gibt es bereits eine Pflicht zur Begrünung von Fassaden oder Dächern bei Neubauten in bestimmten Stadtgebieten.

Studien zeigen, dass durch Fassadenbegrünungen die Feinstaubbelastung um bis zu 20 Prozent sinken kann, der Verkehrslärm um bis zu zehn Dezibel reduziert wird und das lokale Klima um bis zu zehn Grad Celsius abkühlt. Allerdings ist die Umsetzung solcher Projekte nicht immer einfach. Hohe Kosten, komplexe Bewässerungssysteme und bürokratische Hürden können Herausforderungen darstellen, wie ein Beispiel aus Zürich zeigt, wo ein ambitioniertes Fassadenbegrünungsprojekt nach sieben Jahren mit verwelkten Pflanzen und technischen Problemen zu kämpfen hatte.

Hitzeaktionspläne und Kühlkonzepte

Angesichts zunehmender Hitzeperioden entwickeln viele Städte umfassende Hitzeaktionspläne. Karlsruhe hat beispielsweise einen "Stadtplan für heiße Tage" erstellt, der Abkühlungsorte wie Trinkwasserbrunnen, Wasserspiele und klimatisierte öffentliche Gebäude ausweist. Dieser wird im Sommer unter anderem mit Videos in den Straßenbahnen und auf Werbe-Displays im Stadtgebiet beworben.

Ein weiteres innovatives Projekt ist "Coole Kirchen", bei dem Kirchengemeinden ihre Gebäude als sommerliche Rückzugsorte öffnen. Dort gibt es Trinkwasser und Informationen zu Hitzeschutzmaßnahmen. Auch Dresden und Düsseldorf haben ähnliche Konzepte entwickelt, mit digitalen Karten, die "kühle Freiräume" wie Wälder, Parks oder klimatisierte Gebäude verzeichnen.

Entsiegelung von Flächen

Die Entsiegelung versiegelter Flächen ist eine weitere wichtige Maßnahme zur Verbesserung des Stadtklimas. Im Dresdner Stadtteil Gorbitz wurde dies im Rahmen eines Pilotprojekts erfolgreich getestet. Durch die Entsiegelung wird das Mikroklima verbessert, da weniger Hitze gespeichert wird und mehr Wasser verdunsten kann.

Das Konzept der "Schwammstadt" sieht vor, dass Wasser besser versickern und im Boden gehalten werden kann. Dies erleichtert nicht nur den Umgang mit Starkregen, sondern hilft auch, Trockenperioden besser zu überstehen und das Stadtklima zu verbessern.

Klimaangepasste Gebäudesanierung

Die energetische und klimaangepasste Sanierung von Bestandsgebäuden ist ein weiterer wichtiger Baustein im urbanen Klimaschutz. In Dresden wurden im Rahmen eines Pilotprojekts Wohnhäuser aus den 1980er-Jahren mit Rollläden und neuen Lufträumen unter dem Dach zum Schutz der oberen Etagen ausgestattet. Dadurch konnte die Temperatur in besonders betroffenen Räumen um bis zu 3,2 Grad gesenkt werden.

Kosten und Nutzen

Die Kosten für Klimaschutzprojekte in Städten variieren stark. Der Verlust von Stadtbäumen kann mit bis zu 5.000 Euro pro Baum zu Buche schlagen. Für ein "Pilotquartier Netto-Null" hat die Stadt Zürich 8 Millionen Franken bereitgestellt. Experimentelle Projekte wie eine künstliche Regenwolke in Zürich kosteten 140.000 Franken, brachten jedoch nicht den gewünschten Erfolg.

Trotz der hohen Anfangsinvestitionen zeigt eine Studie der Denkfabrik World Resources Institute, dass jeder in Klimaanpassung investierte Dollar über einen Zeitraum von zehn Jahren mehr als zehn Dollar Rendite bringt. Zudem könnte laut einer internationalen Studie im Fachjournal "The Lancet Planetary Health" eine Zunahme der Vegetation in städtischen Arealen um 30 Prozent die Zahl der hitzebedingten Todesfälle um etwa ein Drittel senken.

Die genannten Projekte verdeutlichen, dass Städte durch eine Kombination aus Regulierung, Infrastrukturanpassung und Bürgerbeteiligung widerstandsfähiger gegen die Folgen des Klimawandels werden können. Besonders wirksam sind Maßnahmen, die verschiedene Ansätze integrieren und sowohl die Anpassung an den Klimawandel als auch dessen Eindämmung im Blick haben. Für die Zukunft unserer Städte wird es entscheidend sein, diese Konzepte weiterzuentwickeln und flächendeckend umzusetzen.


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